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Multi-Device Experiences - Responsive Webdesign war gestern?

16. November 2015 / Strategie / Technologie

Ob PC, Smartphone, Tablet oder TV: Viele Nutzer verwenden mehrere Geräte, um auf die gleichen Funktionen oder Inhalte zuzugreifen. Creative Director Konzept Stefan Freimark erläutert im Interview, was Multi-Device Experiences sind und wie man optimal auf Nutzer und ihre Bedürfnisse zugeschnittene digitale Produkte entwickelt.

Frau am Laptop mit Handy und Tablet nebendran
Multi-Device Experiences sind bereits heute die Norm - in Zukunft wird ihre Bedeutung laut Stefan Freimark weiter zunehmen.

Stefan, was genau sind Multi-Device Experiences?

Die meisten von uns besitzen inzwischen mehr als ein internetfähiges Gerät: Zum klassischen PC oder Notebook sind noch die Smartphones und Tablets dazu gekommen. Künftig werden noch weitere Geräte Teil unseres Alltags sein, z.B. Smartwatches oder vernetzte Autos. Wenn wir eine Aufgabe erledigen, zum Beispiel einen Flug buchen oder eine Konferenz besuchen, dann verwenden wir dafür mehr als ein Gerät. Wir beginnen auf einem Gerät und setzen die Aufgabe auf einem anderen Gerät fort.

Multi-Device Experience ist die Nutzungserfahrung bei der Verwendung mehrerer Geräte, sei es, dass sie gleichzeitig verwendet werden oder nacheinander.

Darstellung Responsive Design an Devices
Multi-Device Experiences gehen über responsives Webdesign hinaus.

Was ist der Unterschied zu Responsive Design?

Responsive Webdesign (RWD) ist eine Möglichkeit, um digitale Angebote in der Multi-Device-Welt umzusetzen. Bei RWD geht es darum, alle Inhalte und möglichst alle Funktionen auf der gleichen Code-Basis auf mehreren Geräten konsistent anzubieten – vom Smartphone über das Tablet bis zum Desktop.

Auf einer Smartwatch macht eine RWD-Website jedoch keinen Sinn, dafür ist das Display einfach zu klein. Und Apple liefert zum Beispiel auf dem neuen Apple TV, das seit November 2015 auf dem Markt ist, gar keinen Browser mit. Mit den anderen Ansätzen aus dem Buch "Designing Multi-Device Experiences" von Michal Levin können wir solche Nutzungsszenarien besser bedienen.

Consistent, Continuous, Complementary - Was hat es damit auf sich?

Consistent Multi-Device Experience heißt, die selben Inhalte und möglichst alle Funktionen auf mehreren Geräten anzubieten. Responsive Webdesign ist ein Beispiel für Websites, es könnte jedoch auch eine Website in Verbindung mit einer App sein, die über das Backend Daten synchronisieren. Ich kann für die aktuell anstehende Aufgabe, z.B. wenn ich einen Tisch in einem Restaurant reservieren möchte, ein Smartphone, ein Tablet oder auch einen Desktop-PC verwenden.

Continuous Design unterstützt Nutzungsszenarien, bei denen mehrere Geräte über einen Zeitraum hinweg genutzt werden. Das können "Single Activities" sein, beispielsweise Lesen oder ein Dokument schreiben. Wenn ich das Gerät wechsle, mache ich dort weiter, wo ich auf dem anderen Gerät aufgehört habe.

"Sequenced Activities" sind Tätigkeiten, die aus mehreren verschiedenen Schritten bestehen. Das Beispiel hier ist ein Konferenzbesuch: Ich kann mich auf meinem PC für die Konferenz anmelden, bekomme einen QR-Code für den Registration Desk aufs Smartphone, aber auch die Liste meiner ausgewählten Sessions, die ich mir am Vorabend auf dem Tablet zusammengestellt habe. Natürlich müssen dafür auf allen Geräten alle Inhalte verfügbar sein – insofern könnte man Consistent Design als Voraussetzung für Continuous Design betrachten.

Bei Complementary Design ergänzen sich mehrere Geräte – entweder indem sie als Gruppe zusammenarbeiten, oder indem sie sich gegenseitig steuern. Auch hier ein Beispiel: Einige Hersteller von Hörgeräten haben Apps für die Apple Watch herausgebracht. Wenn sich der Träger des Hörgeräts in einer lauten Umgebung befindet, kann er mit einem Tap auf einen entsprechenden Button in der Watch-App eine andere Konfiguration in seinem Hörtgerät aktivieren. Die Watch steuert also das Hörgerät.

    Was sind mögliche Anwendungsszenarien für Unternehmen?

    Ein naheliegender Anwendungsfall: Wenn ich eine Liste zusammenstellen kann – beispielsweise aus Artikeln oder Videos – und das geht auf mehreren Geräten, dann sollte diese Liste synchronisiert werden.

    Die App des SPIEGEL steht zum Beispiel sowohl auf dem iPad als auch auf dem iPhone zur Verfügung. Positiv ist, dass ich auf Gerät A eine Ausgabe kaufen kann, und sie ohne erneut zu bezahlen auf Gerät B herunterladen kann. Aber: Wenn ich auf Gerät A in einer Ausgabe Artikel markiere, quasi als Lesezeichen, dann werden diese Markierungen nicht auf Gerät B synchronisiert. Eine Voraussetzung dafür wäre sogar vorhanden: ein Benutzerkonto, in diesem Fall die SPIEGEL-ID. Bei anderen Medienangeboten ist es ähnlich, zum Beispiel bei der ZEIT oder bei den Mediathek-Apps von ARD und ZDF.

    Wenn ein Hersteller ein Hardware-Produkt entwickelt, ist es sinnvoll darüber nachzudenken, ob es nicht auch drahtlos gesteuert werden kann – zum Beispiel über eine App. Und wenn das Produkt konfiguriert werden kann, könnte es sowohl über ein Web-Interface konfiguriert werden als auch über eine App – vielleicht sogar über das Internet, nicht nur im gleichen WLAN. Einstellungen sollten dann über alle Geräte hinweg synchronisiert werden.

    Einstellungen oder Favoriten zu synchronisieren sind Beispiele für Consistent-Design. Das sind jedoch nur "low-hanging fruits". Spannend wird es bei Continuous- und Complementary-Szenarien, aber da kommt es sehr auf das Produktökosystem und die jeweiligen Nutzungsszenarien an.

    Welche grundlegenden Fragen sollten sich Unternehmen stellen?

    Unternehmen sollten sich weder fragen "Wie kann unsere Marke auf der Watch präsent sein?" noch "Ist Consistent, Continuous oder Complementary der richtige Ansatz für uns?". Stattdessen ist die Frage: "Wie gehen unsere Nutzer vor, wenn sie Aufgabe XYZ erledigen wollen? Und wie können wir sie dabei unterstützen?"

    Es kommt also darauf an, wie die Nutzungsszenarien aussehen. Mit Customer Journey Mapping kann sich ein Unternehmen diese Szenarien ansehen und dann überlegen, welche Anwendungsfälle bzw. Usecases geräteübergreifend sinnvoll bedient werden können.

     

    Stefan, wir danken dir für das Interview.

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    Über Stefan Freimark

    Stefan war bei interactive tools als Creative Director Konzept Spezialist für große Websites und komplexe webbasierte Anwendungen angestellt. Er war in den letzten Jahren für die unterschiedlichsten Kunden tätig: von der Automobilindustrie über Finanzdienstleister, das Gesundheits- und Bildungswesen, die Hausgerätebranche bis hin zu Bundesministerien und -behörden.

    Stefan ist Dozent an der Good School in Hamburg und organisiert ehrenamtlich das UXcamp Europe mit.

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    Bild von Stefan Freimark

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