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Joy of Use: Erfolgsfaktor für digitale Medien und Marken

16. Februar 2016 / Usability

Joy of Use bezeichnet das positive Nutzungserlebnis, das Menschen bei der Bedienung von digitalen Produkten haben. Experten gilt Joy of Use als zentraler Faktor der Akzeptanz von digitalen Marken und Medien. Aber wie genau entsteht Joy of Use - und muss Online-Banking wirklich Spaß machen?

Diagramm zu Joy of Use: Ästhetik, Inhalt und Funktion
Joy of Use entsteht, wenn Ästhetik, Inhalt und Funktion ineinandergreifen.

Dass Usability ein wichtiger Erfolgsfaktor für digitale Medien ist, ist im Mainstream angekommen. Jeder kennt schließlich den Frust, der entsteht, wenn Websites oder Anwendungen nicht das tun, was man als Benutzer von ihnen erwartet.

Ob eine Website, die ewig lädt, ein Programm, das ständig abstürzt, oder eine Navigation, die sich einfach nicht erschließen will – um digitale Produkte, die nicht nutzerfreundlich gestaltet sind, machen Benutzer intuitiv einen großen Bogen. Aber was genau bedeutet nutzerfreundliche Gestaltung – und was hat das alles mit Spaß zu tun?

Usability und User Experience - Was Nutzer glücklich macht

Usability bezeichnet die Gebrauchstauglichkeit digitaler Medien. Die DIN-Norm EN ISO 9241-11 definiert Usability als das Ausmaß, in dem ein Produkt von Benutzern in einem gegebenen Nutzungskontext gebraucht werden kann, um spezifische Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen.

Neben den rationalen Kriterien Effektivität und Effizienz enthält die Definition von Usability also eine emotionale Komponente – die Zufriedenheit. Landläufig versteht man unter einem Produkt mit guter Usability aber in erster Linie eines, das intuitiv zu bedienen ist und seinen Zweck erfüllt. Das Mantra der Usability heißt entsprechend "Don't make me think!" - nach Steve Krugs gleichnamiger Usability-Bibel.

Die emotionale Komponente der Usability - die Zufriedenheit - bleibt in der Praxis dabei oft unterbelichtet. Sind Nutzer schon automatisch zufrieden, wenn ein Produkt funktioniert und es sich leicht bedienen lässt? Oder gibt es andere, emotionale Faktoren, die neben solchen pragmatischen Aspekten erfüllt sein müssen, um Nutzer zufrieden zu stellen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die klassische Usability eher selten.

Infografik Joy of Use
Für die User Experience spielen neben pragmatischen (blau) auch hedonische Qualitäten (pink) eine Rolle - also Usability und Joy of Use.

Der umfassendere Begriff der User Experience (UX) beantwortet dagegen genau solche Fragen. Hier spielen die emotionalen Qualitäten eine weitaus wichtigere Rolle als bei der Usability. User Experience umfasst laut der Definition in der DIN EN ISO 9241-210 alle Empfindungen und Reaktionen einer Person bei der tatsächlichen oder antizipierten Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung.

Bezieht Usability sich also eher auf die reine Funktionalität bei der unmittelbaren Nutzung einer digitalen Anwendung, bezeichnet User Experience die gesamte Erfahrung, die Menschen mit einem Produkt oder einer Marke machen – und umfasst damit auch sogenannte hedonische Qualitäten wie Attraktivität, Schönheit oder Individualität. Usability gilt insofern als ein Teilbereich der User Experience.

Von User Experience (UX) Joy of Use

Soweit, so gut - aber was heißt das in der Praxis? Ein User Experience Beispiel: Beim Relaunch von mobile.de haben wir neben der reinen Usability ein besonderes Augenmerk auf die emotionale Inszenierung des Produkts gelegt. Ziel war es, die User Experience des Internet-Fahrzeugmarkts insgesamt zu optimieren und Website-Besucher durch ein positives Nutzungserlebnis emotional an die Marke zu binden.

Inhaltliches Kernstück der Seite vor und nach dem Relaunch war die Suche - ein Element, das gut funktionierte, aber nicht prominent genug platziert war. Im Rahmen des Interface-Redesigns optimierten wir nicht nur die Nutzerführung, sondern inszenierten die Suche als Star der Seite, indem wir sie mit einem emotionalen Key-Visual kombinierten.

Im Ergebnis wurde die Startseite nicht nur nutzerfreundlicher, sondern vermittelte nun auch die sprichwörtliche Freude am Fahren, die das Portal wecken soll.

Joy of Use ist mehr als Usability

Wie das Beispiel gut illustriert, ist Joy of Use neben Usability ein zentraler Teil einer gelungenen User Experience (UX). Denn Benutzer erhalten bei Produkten mit Joy of Use einen – oft unbewussten – emotionalen Mehrwert: Sie bekommen mehr, als sie erwarten. Die Interaktion mit der Marke bleibt so als positives Erlebnis im Gedächtnis.

Das Ergebnis: Menschen nutzen das betreffende Produkt immer wieder gerne, um das positive Gefühl erneut zu erleben. Und Sie empfehlen es weiter. Die Bereitschaft zur Weiterempfehlung ist eine wichtige Metrik, um digitale Produkte zu optimieren. In Nutzerstudien messen wir diese Bereitschaft über den Net Promoter Score NPS.

Gerade im umkämpften Markt um digitale Zielgruppen stellt Joy of Use also einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Denn ein Produkt, das einfach nur zweckmäßig funktioniert, gilt mittlerweile als Standard.

Einwand #1: Muss Online-Banking Spaß machen?

Gilt das für jeden Markt und jede Zielgruppe? Oder anders gefragt: Muss, wie ein beliebter Einwand lautet, Online-Banking wirklich Spaß machen?

Sicher gibt es Branchen und Nutzergruppen, bei denen hedonische Qualitäten von Haus aus ein höheres Gewicht haben. So dürfte die Relevanz von Joy of Use für eine Lifestyle-Marke unmittelbar einleuchtend sein. Aber auch Marken aus dem B2B-Bereich oder Unternehmen aus dem Finanz- oder Energiesektor profitieren von digitalen Auftritten, bei denen Nutzer Freude empfinden.

Online-Banking anhand der Website von DKB dargestellt
Online-Banking mit Joy of Use: Die Corporate Website der DKB

Unsere Arbeit für die DKB illustriert das. Auch hier haben wir neben einer Verbesserung der Usability den Webauftritt durch den Einsatz spielerischer Designelemente und Details emotionalisiert. Diese beeinträchtigen nicht die Funktionalität, sondern unterstützen sie, indem sie Usern eine klare Orientierung geben. 

User Experience Design: Usability und Joy of Use schließen sich also keineswegs aus, sondern tragen gemeinsam zu einer gelungenen User Experience bei.

Einwand #2: Ist Joy of Use überhaupt messbar?

Ein weiterer Kritikpunkt lautet, im Gegensatz zur Gebrauchstauglichkeit ließen sich für Joy of Use kaum quantifizierbare Faktoren identifizieren. Tatsächlich lässt sich die Usability von Produkten und somit die User Experience zuverlässig messen. Dafür haben sich verschiedene Verfahren etabliert.

  1. In einem Usability-Test werden Benutzer bei der Bearbeitung typischer Aufgaben mit dem Produkt beobachtet, um Schwächen des Produkts hinsichtlich seiner Effektivität (z.B. Task Success oder Task Completion Rate) und Effizienz (z.B. Task Time oder Anzahl der Mausklicks) aufzudecken.
  2. Interviews mit standardisierten Fragebögen wie dem System Usability Scale SUS sind ein bewährtes Mittel, um die Gebrauchstauglichkeit von Medien zu messen und zu vergleichen.
  3. Mittels Eyetracking wird die spontane Wahrnehmung der Website über die Augenbewegung des Users gemessen. Das Eyetracking liefert auch konkrete Aussagen über die Erwartungskonformität bei der Platzierung von Links, Bildern, Buttons etc.

Mit ähnlichen, leicht abgewandelten Tests lässt sich aber auch die emotionale Erfahrung von Nutzern beim Gebrauch eines digitalen Produkts messen. 

Evaluationsverfahren wie der AttrakDiff-Test etwa machen neben pragmatischen (Usability) auch hedonische Aspekte (Stimulation, Aktivierung, Identität) sichtbar. Zudem haben sich Verfahren wie Tiefeninterviews oder die Messung von Gehirnströmen per EEG/ Emotional Response Tracking etabliert, um die gesamte User Experience zu untersuchen.

Proband im Testraum vor Bildschirmen
Im UX-Lab können die pragmatischen und hedonischen Qualitäten eines Produkts gemessen und optimiert werden

UX-Optimierung für mehr Joy of Use

Eine UX-Analyse einer Website etwa kann ergeben, dass Benutzer ein Produkt zwar als zweckmäßig und verständlich empfinden, ein Produkt der Konkurrenz aber als schöner, attraktiver oder interessanter einstufen. Schon geringe Anpassungen im Look and Feel können den Joy of Use dann nachweislich vergrößern.

  1. Durch großflächige Visuals lassen sich funktionale Elemente auf einer Website emotional inszenieren.
  2. Spielerische, interaktive Elemente unterstützen User beim Erreichen ihrer Ziele und bieten einen überraschenden Mehrwert.
  3. Über kleine, visuelle Details und Mikrointeraktionen werden Marken emotional erfahrbar gemacht.
  4. Die nahtlose Einbindung von Social Media und anderen nutzererstellten Inhalten wird von Usern als emotionaler Mehrwert erfahren.

Die Investition in solche Optimierungen macht sich schnell bezahlt. Denn digitale Produkte mit einer optimierten User Experience zeichnen sich nicht nur durch geringere Absprungraten, eine höhere Verweildauer und verbesserte Konversionsraten aus. Sie tragen auch nachweislich zur Bindung an die entsprechende Marke bei.

Zusammenfassung: Joy of Use ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil

Die technischen Möglichkeiten im Web erlauben es Marken heute, multimedial und überall mit Kunden in Kontakt zu treten. Nur wer Nutzer und deren Bedürfnisse ins Zentrum stellt, ist auf Dauer erfolgreich. Und wo gute Usability Standard ist, wird die emotionale Markenbindung durch Joy of Use zu einem zentralen Vorteil im Wettbewerb um digitale Zielgruppen.

Was können wir für Sie tun?

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Marcus Völkel

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